Zielvorgabe „Real Estate 4.0“

Die Immobilienwirtschaft beschleunigt ihr Tempo Richtung Digitalisierung

Von Projektentwicklung über Bauphase bis hin zu Vermarktung und Bewirtschaftung – die Digitalisierung der Immobilienbranche nimmt Fahrt auf und hält Akteure und Expertenwelt auf Trab. Gerade war sie Gegenstand des neuen Real Estate Innovation Forums auf der EXPO REAL 2018. Doch es gibt auch Hindernisse auf dem Weg hin zu digitalen Immobilienunternehmen, die synergetisch digitale Produkte oder Services für einen digitalen Immobilien-Zyklus bereitstellen – und noch jede Menge Handlungsbedarf.

Innovative Technologien, Services und Geschäftsmodelle entern den Markt, Start-Ups sprießen wie Pilze aus dem Boden, Immobilienunternehmen tummeln sich zunehmend in den Sozialen Medien und die Investments in die „Immobilie von Morgen“ steigen. Letzteres bestätigt auch die dritte Digitalisierungsstudie des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss, Spitzenverband der Immobilienwirtschaft, und EY Real Estate, derzufolge immer mehr Unternehmen der Immobilienwirtschaft einen signifikanten Anteil ihres Jahresumsatzes in Maßnahmen zur Umsetzung der eigenen Digitalisierungsstrategie investieren[1]. Und das trotz der ohnehin konstant starken Nachfrage und des hohen Umsetzungsdrucks durch die sehr gute Marktlage. Stellt sich die Frage: Wie digital ist die Immobilienbranche inzwischen und wohin wird die Reise mittelfristig gehen?

Digitale Prozesse, smarte Immobilien

Die Immobilienbranche gilt nicht unbedingt als Treiber der Digitalisierung und doch durchdringen datengestützte Prozesse und Services die einst konservative Branche inzwischen bereichsübergreifend. Makler, Projektentwickler, Bauträger und Co. werden zunehmend digitaler, wenn auch noch lange nicht alle digitale Zukunftstechnologien nutzen.

  • Bereits die Projektentwicklung wird heute vermehrt mithilfe des sogenannten „Building Information Modeling“ (BIM) umgesetzt – eine Art digitales Abbild des Gebäudes, das bei der Bauplanung ansetzt, aber auch Daten zu Bereichen wie Haustechnik, Wartung oder Mietern umfasst und damit eine synergetische Schnittstelle für alle Beteiligten bildet.
  • Im Bereich der Vermarktung wiederum setzt man zunehmend auf Digitales Marketing und wagt sich auch in die Sozialen Medien. Vor allem im Bereich Grundstücks- und Wohnungswesen wird ein Großteil der Immobilien heute über Mieter- und Kundenportale angeboten und digitale Mieterakten und Geschäftsdaten kommen zum Einsatz. Damit nicht genug. Dank Virtual Reality (VR) können Interessenten heute ihren noch nicht fertiggestellten Neubau oder die Wunschimmobilie im Ausland vorab „betreten“, womöglich sogar bereits „einrichten“.
  • Natürlich ist auch die betriebliche Prozessoptimierung und -digitalisierung ein wichtiger Schritt auf dem Weg Richtung „Real Estate 4.0“. Nur wer digital denkt und arbeitet, kann auch digital entwickeln, bauen, vermarkten und betreiben. Was dabei häufig vergessen wird, ist der Bereich Human Resources, also ein intensiv geschultes Personal und Arbeitsplätze, die mit der entsprechenden IT-Infrastruktur ausgestattet sind. Auch das Jobprofil des Innovationsmanagers oder Digitalisierungsbeauftragten findet sich bis dato vor allem bei den Branchenriesen
  • Last but not least wird bekanntlich auch die Immobilie selbst immer intelligenter. Smart Home und Smart Office lassen grüßen! Die beiden Begriffe sind inzwischen längst nicht mehr nur Vision, allerdings schlummert noch viel ungenutztes Potenzial im Bereich des vernetzten Gebäudes. Laut einer Deloitte-Studie verwenden gerade einmal 16 Prozent der Deutschen eine Smart-Home-Lösung[2]. Sensoren zur digitalen zur Messung und Steuerung verschiedener Installationen sind aber ohnehin erst der Anfang. Zukünftig werden neben Fragen des Komforts und der Sicherheit auch Themen wie eine geeignete Ladeinfrastruktur für E-Autos eine Rolle spielen. Den Bereich künstliche Intelligenz nicht zu vergessen.

Klingt alles nach dem richtigen digitalen Kurs, nach ordentlich Wind in den digitalen Segeln. Und doch hinkt die Immobilienbranche der digitalen Transformation insgesamt immer noch hinterher; noch findet angewandte Digitalisierung eher vereinzelt und gerade bei mittelständischen Unternehmen zunächst intern statt. Wie kommt das und kann es sich mittelfristig ändern?

Auf Vernetzung bauen

Um das Ziel einer digitalen Immobilienwirtschaft zu erreichen, darf es nicht bei der Digitalisierung der eigenen Produkte und Services sowie der Nutzung innovativer Technologien bleiben; die Zukunft liegt vielmehr in der Vernetzung. Das gilt nicht nur für die Immobilie, sondern auch und vor allem für die Akteure. Zugegeben, eine Mammutaufgabe in Anbetracht der Komplexität und Vielfältigkeit des Immobilien-Kosmos. Ein Beispiel: Werden der Einsatz von IoT in der Produktion und die Smarten Services in der Immobilienwirtschaft rechtzeitig aufeinander abgestimmt, können gemeinsam neue digitale Lösungen entwickelt werden. Ähnlich verhält es sich etwa im Bereich „Open Data“: Wenn Vermessungs- und Stadtplanungsämter öffentlich zugängliche Datenräume schaffen, können Verwaltungsprozesse und damit auch die Immobilienumsetzung signifikant vereinfacht werden.

Was den Weg zu „Real Estate 4.0“ gegenwärtig verlangsamt, ist paradoxerweise die bereits erwähnte sehr gute Marktlage. Die Immobilienbranche boomt, die Nachfrage ist ungebrochen hoch. Eine Situation, in der sowohl Antrieb als auch Zeit fehlen zur Reflexion über eine konsequente und synergetische Digitalisierung des gesamten Immobilienzyklus. Insgesamt lässt sich resümieren: Die Digitalisierung ist inzwischen ein wichtiger Punkt auf der Agenda der Immobilienunternehmen, doch es fehlt den meisten noch an einer durchdachten Digitalisierungsstrategie und standardisierten Lösungen, die alle Branchenzweige miteinander verbinden.

[1] www.zia-deutschland.de

[2] www.deloitte.com