Sir Richard Rogers – Ritter der High-Tech-Architektur
Teil 22 der Plateau RED-Reihe „Inspirierende Persönlichkeiten der Architektur“
Richard Rogers
*1933 in Florenz, Italien
†2021 in London, England
britischer Architekt
Das Centre Pompidou, Ground Zero oder der Potsdamer Platz: Sir Richard Rogers hat an vielen Orten eindrucksvolle Meilensteine der High-Tech-Architektur hinterlassen und wurde dafür 1991 von der Queen zum Ritter geschlagen. Neben anderen Auszeichnungen erhielt er 2019 die AIA Goldmedaille und 2007 den Pritzker-Preis für seine „einzigartige Interpretation der Faszination der modernen Bewegung für das Gebäude als Maschine“.
Rogers wurde in Italien geboren, wuchs aber größtenteils in England auf, da seine Familie wegen der jüdischen Herkunft des Vaters aus Italien fliehen musste. Während seines Wehrdienstes wurde er nach Triest in Italien versetzt. Dort lernte er die Arbeiten seines Großcousins Ernesto Nathan Rogers und dessen Architektengruppe BBPR kennen. Davon inspiriert entschied er sich für ein Studium der Architektur an der Architectural Association School in London (1954-1959). Seinen Master absolvierte er an der Yale School of Art and Architecture. Dort lernte er auch die Werke seines ersten großen Vorbilds kennen: Frank Lloyd Wright. Zurück in England gründete mit seiner späteren Ehefrau Su Brumwell, Norman Foster und dessen späterer Ehefrau Wendy Cheeseman 1963 ein eigenes Architekturbüro. Das „Team 4“ wurde zu einem Nährboden für die britische High-Tech-Bewegung. 1977 gründete er sein eigenes Architekturbüro Richard Rogers Partnership (später Rogers Stirk Harbour + Partners LLP), das bis heute mit Niederlassungen in London, Barcelona, Madrid und Tokio vertreten ist. Bis 2005 war er zudem Teil der Urban Task Force, einer Arbeitsgruppe der britischen Regierung zur Stadterneuerung. Am 18. Dezember 2021 verstarb Rogers im Alter von 88 Jahren.
Baustil
Rogers gilt als einer der wichtigsten Vertreter der High-Tech-Architektur, die in den 1970ern aufkam. Die damals neuartige Technologie verwendet strukturellen Stahl und andere Werkstoffe der Hochtechnologie für ihre futuristisch anmutenden Gebäudekomplexe. Ein berühmtes Beispiel ist die Glaskuppel auf dem Reichstagsgebäude in Berlin. Die High-Tech-Architektur ist in der Chicagoer Schule verwurzelt und zu ihren architektonischen Vorbildern gehören unter anderem die Hochhäuser von Mies van der Rohe. Außerdem ließen sich Rogers und Foster von den frühen Industriebauten in Nordengland inspirieren. Rogers besondere architektonische Handschrift zeigt sich in der demonstrativen Sichtbarkeit der Gebäude-Infrastruktur. Die Gestaltung dieser High-Tech-Elemente orientiert sich vom Design her an Vorbildern aus dem Schiffs- oder Automobilbau und der Computertechnologie.
Centre Pompidou
Eines der ersten Highlights seines Schaffens war das Centre Pompidou (1971-1977) in Paris, das er zusammen mit dem italienischen Architekten Renzo Piano entwarf. Heute gilt das weltweit bekannte Kunst- und Kulturzentrum als Designikone und als Vorreiter der High-Tech-Architektur. Das Tragwerk und die Rohre sind sichtbar außen an der Gebäudefassade angebracht und weiß bemalt. Auch andere funktionale Elemente strahlen in klaren, satten Farben: die Treppen und Rolltreppen rot, die Elektrik gelb, die Wasserrohre grün und die Rohre der Klimaanlage blau. So übernehmen die Versorgungssysteme über ihre technische Funktion hinaus auch eine ästhetische Aufgabe. Überdies kann der Innenraum maximal ausgenutzt werden.
Three World Trade Center
Ein weiteres Leuchtturmprojekt in der Laufbahn von Rogers ist der Entwurf des dritten Wolkenkratzers für Ground Zero in 2006, das 329 m hohe Three World Trade Center (2010 – 2018). Die Fassade des 80 Stockwerke umfassenden Turms besteht aus 10.000 Glaspaneelen. Stahlträger und -balken bilden ein K-förmiges Gittermuster an den Seiten des Turms. Die Ecken haben keine Pfeiler und werden durch ein äußeres Verstrebungssystem aus Glas und Stahl geformt. Diese Verstrebungen enden in Edelstahl, um das reflektierende Glas zu ergänzen. Um die Sicherheit im Turm zu erhöhen sind die Aufzüge, Treppenhäuser und Versorgungsleitungen in einem massiven Stahlbetonkern im Inneren des Gebäudes untergebracht.
Weitere bekannte Werke von Rogers sind das Lloyd’s of London, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, The 02 (früher: Millenium Dome) in London, das Walisische Parlament in Senedd und der Flughafen Madrid-Barajas. In Deutschland war er zusammen mit anderen Star-Architekten am Wiederaufbau des Potsdamer Platzes beteiligt. Dafür entwarf er einen Gebäudekomplex aus drei Bauten in der Linkstraße. Zusammen mit Oliver Collignon gestaltete er außerdem den U-Bahnhof Rotes Rathaus.