Gustave Eiffel – zum 100. Todesjahr des französischen Meisters

Teil 29 der Plateau RED-Reihe „Inspirierende Persönlichkeiten der Architektur“

Gustave Eiffel
*1832 in Dijon, Frankreich
†1923 in Paris, Frankreich
französischer Ingenieur und Konstrukteur

„Der erste Grundsatz der architektonischen Schönheit besteht darin, dass die wesentlichen Linien eines Bauwerks durch eine vollkommene Angemessenheit gegenüber seiner Nutzung bestimmt werden.“ – Gustave Eiffel

Gustave Eiffel ist durch den nach ihm benannten Eiffelturm bis heute weltberühmt, doch kaum jemand weiß etwas über seine Arbeit an zahlreichen Brücken, Bahnhöfen und Kathedralen auf der ganzen Welt oder seine wissenschaftliche Forschung zu Windkanälen. Anlässlich des 100. Todesjahres des französischen Ingenieurs werfen wir einen näheren Blick auf sein Leben und die Hintergründe seiner spektakulärsten Bauten.

Bordeaux Passerelle Eiffel

Im Jahr 1855 schloss Eiffel zunächst ein Chemiestudium in der Nähe von Paris ab. Nach verschiedenen Jobs in einer Sprengstofffabrik und in diversen Konstruktionsbüros wurde er 1856 Brückenbauingenieur für Eisenbahnbrücken. Die Passarelle Eiffel über den Fluss Garonne in Bordeaux mit ihrem Fachwerk-Überbau gilt heute als Eiffels erstes Bauwerk. Durch diesen Erfolg bekannt geworden, folgten in den nächsten Jahren zahlreiche lukrative Aufträge – zum Beispiel Arbeiten für die Weltausstellung in Paris 1867 sowie diverse Bauten in Südamerika. Ab 1879 entwickelte er für den Bildhauer Frédéric-Auguste Bartholdi ein Trägersystem für die Freiheitsstatue von New York. Und im Jahr 1889 wurde sein Namenswerk, der Pariser Eiffelturm, feierlich eröffnet – der jedoch zunächst bei den Parisern und Pariserinnen keinen Anklang fand.

Im Jahr 1888 verpflichtete Eiffel sich, 30 Schleusen für den geplanten Panama-Kanal von Ferdinand de Lesseps zu liefern. Nachdem de Lesseps Gesellschaft wegen Korruptionsvorwürfen Konkurs anmelden musste, wurde Eiffel wegen der Nichterfüllung seines Vertrags angeklagt. Obwohl er wenige Monate später von allen Vorwürfen freigesprochen wurde, war sein Ruf nachhaltig geschädigt. In den folgenden Jahren zog Eiffel sich deshalb aus dem Baugeschäft zurück und widmete sich ganz der Wissenschaft. Mit seinen Windkanal-Experimenten legte er wichtige Grundsteine für die Aerodynamik.

Bild: „Nyugati pályaudvar, Budapest“ von Varius. Lizenz: CC BY 3.0

Budapest Westbahnhof (Nyugati Pályaudvar)

Nach dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich 1867 wuchs der Schienenverkehr in Budapest so rasant an, dass der ursprüngliche Westbahnhof nicht mehr genügend Kapazitäten für den erhöhten Verkehr bot. Daraufhin ließ die österreichisch-ungarische Eisenbahngesellschaft den Entwurf einer neuen Bahnhofshalle europaweit ausschreiben. Eiffel schaffte es, den Auftrag für sein Architekturbüro zu gewinnen und erbaute die neue Halle zwischen 1874 und 1877. Um in dieser Zeit den Zugbetrieb nicht stoppen zu müssen, musste er die neue Halle über die alte bauen, welche erst nach der Fertigstellung der neuen Halle abgerissen werden konnte. Eiffel schaffte es die 146 Meter lange und 25 Meter hohe Halle durch eine Konstruktion aus Glas und Stahl trotz ihrer Größe offen und leicht wirken zu lassen. Die damals ungewöhnliche Glasfassade der Bahnhofshalle bildete einen optischen Kontrast zu den angrenzenden Steinbauten der Wartehallen und Verwaltungsgebäuden.

Freiheitsstatue

Bild: „Statue of Liberty“ von William Warby. Lizenz: CC BY 2.0

Als der französische Bildhauer Frédéric-Auguste Bartholdi 1871 nach New York reiste, beschäftigte ihn die Idee eines Denkmals zur amerikanischen Unabhängigkeit bereits seit sechs Jahren. Der Standort der zukünftigen Freiheitsstatue und die Bauerlaubnis waren schnell besorgt. Nach seiner Rückkehr nach Frankreich setzte sich Bartholdi an die Konzeption der Statue. Als im Jahr 1879 sein Architekt Viollet-le-Duc, der die Verbindung des Arms und Kopfes der Statue geplant hatte, verstarb, brauchte Bartholdi schnell kompetenten Ersatz. Diesen fand er in Gustave Eiffel und seinem leitenden Konstrukteur Maurice Koechlin. Die beiden beschlossen das von Viollet-le-Duc angedachte Skelett aus Backsteinpfeilern zu verwerfen und entschieden sich stattdessen für ein Eisenskelett, das von einem zentralen Mast gestützt wird. Der Mast aus vier massiven Eisenträgern wurde zusätzlich fest in der Plattform des Sockels verbolzt. Um Bruchstellen in der Kupferverkleidung zu vermeiden, war es wichtig keine völlig starre Struktur zu erschaffen. Deshalb entwarfen Eiffel und Koechlin eine Konstruktion aus mehreren Fachwerkträgern aus Eisen, welche die Tragekonstruktion mit den Kupferplatten der Verkleidung verband. Eiffel ließ außerdem in Schellack getränkten Asbest an den Kupferplatten anbringen, um einer Korrosion bei Kontakt mit den Eisenträgern vorzubeugen. Der Materialwechsel von Backstein zu Eisen erlaubte es dem Team nun die gesamte Statue zuerst in Frankreich vorzufertigen, sie in Einzelteilen nach Amerika zu bringen und dort erneut aufzubauen.

Eiffelturm

Bild: „Der Eiffelturm vom Marsfeld aus gesehen“ von Benh LIEU SONG. Lizenz: CC BY-SA 3.0

Eiffels Meisterwerk, das er nach sich selbst benannt hat, entstand im Zuge der Weltausstellung 1889, die aufgrund des 100. Jahrestags der französischen Revolution in Paris stattfand. Der spätere Eiffelturm war als 300 Meter hoher Turm geplant, der die Besucher am Eingang der Ausstellung begrüßen und beeindrucken sollte. Eiffel und seine Mitarbeiter konnten sich den Auftrag sichern, nachdem sie den Ideen-Wettbewerb für den Turm gewannen. Eiffels Technik des Stahlskelettbaus für die Konstruktion des schließlich insgesamt 324 Meter hohen Turms war in der damaligen Zeit bahnbrechend. Durch die Verwendung von vorgefertigten Stahlskelettsegmenten betrug die Bauzeit lediglich 16 Monate. Nach seiner Fertigstellung war der Eiffelturm das höchste Gebäude weltweit. Ursprünglich sollte der Turm 20 Jahre nach der Ausstellung wieder abgerissen werden, doch Eiffel konnte sein Fortbestehen sichern, indem er dessen Höhe ausnutzte und ihn mithilfe von Antennen zu einem wichtigen Instrument für die Telekommunikation und das Radio machte. Mittlerweile ist der Eiffelturm das bekannteste Wahrzeichen von Paris.