Bernd Albers – traditionsbewusster Stadtgestalter

Teil 25 der Plateau RED-Reihe „Inspirierende Persönlichkeiten der Architektur“

Bernd Albers
*1957 in Coesfeld †2022 in Berlin
deutscher Architekt

„Aufregend selbstverständlich – Aufgeregte Architektur gibt es reichlich, aufregende Architektur ist dagegen eher selten. Ganz selbstverständlich arbeiten wir am Aufregenden, ganz unaufgeregt arbeiten wir am Selbstverständlichen.“ – Bernd Albers

Bernd Albers galt als vehementer Verfechter der Rekonstruktion der Berliner Innenstadt nach historischem Vorbild und wirkte nach dem Mauerfall dabei mit, die Stadt auch architektonisch wiederzuvereinen. Zu Beginn seiner Karriere waren seine architektonische und stadtplanerische Ausrichtung vom Modernismus geprägt. Doch schon bald schloss er sich in Berlin einer informellen Gruppe von Architekten – auch das „steinerne Berlin“ genannt – an, die zur Neuinterpretation historischer Bauten und Fassaden tendierten. Auch der Neuen Altstadt Frankfurts verhalf er mit zwei Rekonstruktionen nach historischem Vorbild zum ursprünglichen Charme zurück.

Bild: Das Gerber Einkaufszentrum in Stuttgart von Silesia711. Lizenz: CC BY-SA 4.0

Albers studierte bis 1987 Architektur in Berlin. Während seines Studiums sammelte er erste Arbeitserfahrungen als freier Mitarbeiter im Büro des Star-Architekten Hans Kollhoff. Sein erstes eigenes Architekturbüro gründete er 1988 in Zürich. Seit 1993 befindet sich die heutige Bernd Albers Gesellschaft von Architekten mbH in Berlin. Bernd Albers war maßgeblich an der Stadtentwicklung Berlins beteiligt. Dafür bekam er 2006 den Deutschen Städtebaupreis verliehen. Neben seiner Arbeit als Architekt war Albers als Dozent und Gastprofessor an diversen Universitäten in Deutschland, der Schweiz und Italien tätig.

Planwerk Innenstadt

Ende der 1990er Jahre war Albers einer der Verfasser und Obergutachter des „Planwerks Innenstadt“, ein städtebaulicher Masterplan für den Inneren Bereich Berlins. Nach der Wiedervereinigung konzentrierte sich die Stadtplanung darauf die markanten Berliner Blöcke wiederherzustellen. Albers war dabei besonders an der Nachverdichtung von Freiflächen interessiert, die durch die autogerechte Stadtplanung in der ehemaligen DDR entstanden waren. Seine Bebauungspläne des Marx-Engels-Forums sowie des Umfelds des Fernsehturms lösten starke Debatten und Kontroversen aus. Sie führten dazu, dass das historische Zentrum per Senatsbeschluss aus dem Planwerk Innenstadt ausgespart wurde.

Berlin-Brandenburg 2070

Bild: Plan „Zusammenwachsen – Landschaf(f)tStadt“ von Bernd Albers Gesellschaft von Architekten mbH. Bildnachweis: AIV – Internationaler Städtebaulicher Ideenwettbewerb Berlin-Brandenburg 2070.

Zum 100-jährigen Jubiläum des Städtebaus für Groß-Berlin lobte der Architekten- und Ingenieurverein zu Berlin-Brandenburg e.V. 2020 einen Ideenwettbewerb über die Zukunft der Metropolregion aus. Das Architekturbüro von Albers gewann den ersten Preis unter fünf Gewinnern des Internationalen Städtebaulichen Wettbewerbs. Der Entwurf seines Büros „Zusammenwachsen – Landschaf(f)tStadt“ zeigt, wie der bereits existierende Raum Groß-Berlins weiterentwickelt und zukunftsfähig werden kann. Dabei ging es nicht um die Gestaltung einzelner Häuser, sondern um strukturelle Pläne zu Stadt- und Freiraum, Städtebau, Nutzung, Verkehr und Bebauung. Albers berief sich deshalb auf ein zukunftsweisendes, aber auf dem Ist‐Zustand aufbauendes Gesamtkonzept für Berlin‐Brandenburg in 50 Jahren mit dem Motto: „In der Beschränkung zeigt sich der Meister“. Albers konnte sich vor allem durch seine Weitsicht für die gesamte Metropole von anderen Einreichungen abheben, die sich überwiegend auf den sogenannten Speckgürtel von Berlin fokussierten.

Molkenmarktviertel Berlin

Der älteste Platz Berlins – der Molkenmarkt – wurde im zweiten Weltkrieg zerstört und anschließend durch einen autogerechten Umbau der Innenstadt weiter beschnitten. Die Neugestaltung des Quartiers wird daher bereits seit den 1990ern geplant. 2016 hat der Senat rechtsverbindlich beschlossen den ehemaligen historischen Stadtkern wiederzubeleben. Im November 2021 konnte Bernd Albers Gesellschaft von Architekten mbH die Auslobung zur Neugestaltung des Molkenmarkts zusammen mit einem anderen Team für sich entscheiden. Die Pläne von Albers orientieren sich dabei an der historischen Blockrandbebauung des einstigen Molkenmarktviertels, während der Siegerentwurf des dänischen Büros OS arkitekter eine radikalere moderne und nachhaltige Gestaltung vorsieht. Albers Pläne sehen überwiegend die Errichtung schmaler Stadthäuser auf der Breite der historischen Parzellen vor. Nur an wenigen Stellen, an denen diese Lösung aufgrund vorgegebener Parameter nicht möglich ist, sollen größere Haustypen die Straßen säumen. Im Februar und April 2022 gingen die Entwürfe zur Weiterbearbeitung in die öffentlichen Werkstätten, um mit den Fragen und Ideen der Stadtgesellschaft in Einklang gebracht zu werden. Nach dem Tod von Bernd Albers werden seine Geschäftspartner Prof. Dr. Silvia Malcovati und Stefan Lotz das Projekt weiterführen.