Arata Isozaki – Der Meister des „Ma“
Teil 13 der Plateau RED-Reihe „Inspirierende Persönlichkeiten der Architektur“
Arata Isozaki
* 23. Juli 1931
Japanischer Architekt
„Ein Weiser, der baut wie ein Kind“ – titelte die Süddeutsche Zeitung im März 2019 und meint, der Pritzker-Preis für Arata Isozaki sei längst überfällig gewesen. Wodurch zeichnet sich der japanische Star-Architekt und nun auch Träger des wichtigsten Architekturpreises aus?
Geboren am 23. Juli 1931 auf der Insel Kyūshū im Südwesten Japans machte Isozaki schon früh seine ersten Erfahrungen mit der Architektur: Es war das Fehlen eben dieser. Durch die Zerstörung Hiroshimas, nahe seines Geburtsortes, lagen Wohnungen, Häuser, Existenzen, ja eine ganze Stadt in Schutt und Asche. Diese Erfahrung trug dazu bei, dass Isozaki sein individuelle Herangehensweise an die Architektur entwickelte, für die er 2019 den Pritzker-Preis erhielt.
Seine Bauten trotzen den „stilistischen Kategorien“, begründete die Jury rund um Benedetta Tagliabue, Wang Shu, Richard Rogers und Kazuyo Sejima ihre Entscheidung. Arata Isozaki sei ein vielseitiger, maßgebender und wahrhaft internationaler Architekt, der sich nicht vor Veränderungen fürchte und immer wieder neue Ideen ausprobiere. „Auf seiner Suche nach sinnvoller Architektur hat er Gebäude von hoher Qualität erschaffen, die bis heute Kategorisierungen trotzen, die Entwicklung widerspiegeln und immer frisch in ihrer Herangehensweise sind.“ Er gelte als Visionär seiner Generation.
Unter den bisherigen Pritzker-Preisträgern ist auch Kenzō Tange zu finden. Dessen Klasse besuchte Isozaki während seines Studiums der Architektur an der Universität Tokyo in den 50er Jahren. 1961 schloss er das Studium mit einer Promotion ab und war bis 1963 in Tanges Büro tätig, bevor er sich in Tokio selbstständig machte. Doch Isozaki und Tange verband noch mehr als die Studienzeit: Noch bevor Isozaki mit dem Bauen eigener Werke begann, reisten sie gemeinsam um die Welt, besuchten Metropolen und versteckte Dörfer, um die Kulturen der verschiedenen Kontinente zu erleben und zu verstehen. Durch die Aufnahme und Vereinnahmung internationaler Trends prägte er nicht nur seinen eigenen Baustil, sondern auch die zeitgenössische Architektur Japans.
„Ma“ – das Konzept des negativen Raumes
Bei seinen Planungen und Bauten kommt dem „Ma“, dem abstrakten japanischen Konzept des negativen Raums, große Bedeutung zu. . „Ma“ bedeutet „Zwischenraum“, „Pause“ oder „Distanz“ und ist ein abstraktes Konzept der japanischen Kultur. Für Isozaki ist das „Ma“ als Leere, als lichtdurchfluteter Raum der eigentliche Inhalt des Gebäudes. Somit steht der Raum im Mittelpunkt – nicht das Gebäude außen herum. Es sind nicht Wände und Dach, die ein Gebäude ausmachen, sondern der Raum, den sie umschließen.
Die Werke – nah am Menschen und immer wieder anders
Seit den 80er Jahren exportiert Isozaki das japanische Design nach Europa und in die USA. Sein erster internationaler Auftrag, und gleichzeitig sein weltweit bekanntestes Werk, war das Museum of Contemporary Art in Los Angeles. Die Inspiration dazu bekam er von Indiens Sandsteingebäuden. Er entwarf mehrere Konzertsäle und Museen sowie den Ceramic Park Mino Gifu in Japan, das Olympia Stadion Palau Sant Jordi in Barcelona, die Eishockey-Arena in Turin und den Allianz-Turm in Mailand. Auch die Daimler-Benz-Hochhäuser gehen auf seine Entwürfe zurück.
Kurz nach dem Tsunami in Ostjapan in 2011, entwickelte er gemeinsam mit Anish Kapoor die „Ark Nova“ – ein mobiles Konzerthaus für die Erdbebenregion. Es kann auf einem Lastwagen transportiert werden und brachte den Verzweifelten vor Ort Musik und Hoffnung.
Der Architekt ohne erkennbare Stilrichtung
Die Auszeichnung des Pritzker-Preises ging in diesem Jahr an einen Mann, dessen Bauten und Werke man nicht auf den ersten Blick zuordnen kann: „Meine Freude ist es, immer etwas Anderes zu entwerfen, nicht immer das Gleiche“, sagte der Star-Architekt einmal, der sich immer wieder offen ist für neue Inspirationen. Ursprünglich ein Hauptvertreter des Metabolismus entdeckte er dann die Geometrie des japanischen Designs oder orientierte sich an Claude-Nicolas Ledoux und Karl Friedrich Schinkel. Durch seine dritte Frau bekam Isozaki Verbindungen zu prominenten Vertretern der Modernen Kunst, wie Hans Richter, Man Ray und Friedrich Kiesler – sie alle beeinflussten ihn und sein Schaffen. Mit seinen Werken verbindet er Kulturen und schlägt Brücken. Er spielt mit Licht und Schatten und nutzt einfache geometrische Formen.
„Die Auszeichnung […] ist deshalb nicht die Würdigung einer Ästhetik, sondern einer schöpferischen Klugheit, die Richtig und Falsch vermeidet für das Unbestimmte dazwischen.“ – Till Briegleb, Süddeutsche Zeitung.