Antoni Gaudí – Meister der Statik und der Form

Teil 14 der Plateau RED-Reihe „Inspirierende Persönlichkeiten der Architektur“

Antoni Gaudí i Cornet
*25. Juni 1852
†10. Juni 1926
Katalanischer Architekt

Er selbst hat die Bauzeit auf zwei Jahrhunderte veranschlagt. Und über 40 Jahre daran gearbeitet. Die Kirche „La Sagrada Familia“ in Barcelona ist das monumentale unvollendete Hauptwerk Antoni Gaudís. 1883 hatte er die Arbeit an der Kathedrale übernommen, bis heute wird unverdrossen daran weitergebaut. Millionen von Touristen besuchen jährlich die spanische Großbaustelle. Auf der Welterbeliste der Unesco stehen inzwischen sieben Gebäude Gaudís, darunter neben Teilen der Sagrada Familia die Casa Mila, der Park Güell und die Casa Vicens.

Zur Welt kam Antoni Gaudí i Cornet 1852 in der katalanischen Stadt Reus. Hineingeboren in eine Kesselschmiederfamilie, entwickelte er früh ein Verständnis für Raum und Volumen. Und da er als kränkliches Kind oft zuhause war, verbrachte er viel Zeit damit, die Natur zu beobachten. Sie wurde zur großen Lehrmeisterin des späteren Architekten.

Genial oder verrückt?
Schon mit dem jungen Architekturstudenten muss es etwas Besonderes auf sich gehabt haben: Nur die Zeit könne sagen, ob der frisch gebackene Absolvent Antoni Gaudí ein Genie oder ein Verrückter sei, bemerkte Elies Rogent, Direktor der Architekturschule in Barcelona. Gaudí hatte nun, im Jahr 1872, das Architektendiplom. Und lernte Eusebi Güell kennen, einen katalanischen Industriellen, der zum wichtigen Auftraggeber und bedingungslosen Förderer Gaudís wurde. Ein Meisterwerk nach dem anderen entstand, vorwiegend in Barcelona: das Haus Vicens, die Sagrada Familia, der Palast Güell, die Krypta der Arbeitersiedlung seines Mäzens Güell, der Torre Bellesguard, die Casa Battló, die Casa Mila, die Restauration der Kathedrale von Mallorca, der Park Güell.

Gebäude wie Skulpturen
In seinen Werken griff Gaudí Trends seiner Zeit auf: die „Renaixanca“, eine Bewegung, die sich am katalanischen Mittelalter orientierte, den Modernisme als katalanische Form des Jugendstils, die Orientierung an der Natur – und ging doch über all das hinaus. Schuf Werke mit singulärem Charakter, errichtete Aufsehen erregende Häuser, die die Barceloner mit Spitznamen wie „Die Pastete“ oder „Der Steinbruch“ versahen. Gaudí behandelte seine Gebäude wie Skulpturen, baute biomorphe Fassaden, formte den Baukörper organisch. Er erfand einzigartige Formen und bautechnische Lösungen, erprobte neue statische Möglichkeiten: Zum Beispiel ein Eisenträgerstützsystem, das die Wände von Tragefunktionen befreite und flexibler machte. Oder das katalanische Gewölbe, ein Ziegelleichtgewölbe, das auf natürliche Weise stabil und tragstrukturell sehr effizient ist und ohne die Verwendung aufwendiger Schalungskonstruktionen auskommt.
Skizzen waren eher seine Sache als exakte Baupläne, vieles entwickelte er erst im „Doing“ auf der Baustelle. Gestalterisch verwendete er auch Keramikscherben und Glasbruch umliegender Fabriken oder vielfarbige Steine, die vor Ort auffindbar waren – heute fiele das unter den viel beschworenen Begriff der Nachhaltigkeit. Da für Gaudí ein Bauwerk ein einheitliches und künstlerisches Ganzes war, ging seine schöpferische Energie bis in die Details; auch Möbel, schmiedeeiserne Gitter oder Leuchter entwarf er gleich mit.

Unendliche Geschichte: Die Sagrada Familia
Im Kontext der sie umgebenden Landschaft konzipiert, mit 18 Kirchtürmen und einem mit 172,5 Metern höchsten Kirchturm der Welt: Seit 1883 arbeitete Gaudí bis zu seinem Tod an der Sagrada Familia, die letzten zwölf Jahre seines Lebens widmete er nur ihr. Schließlich lebte und schlief er sogar auf der Baustelle, in einem kleinen Raum, der unter anderem als Lager für Modelle, Entwürfe und Plastiken diente. Bis er 1926 von einer Straßenbahn angefahren wurde. Ein Stück weit wurde er mitgeschleift, lag schließlich schwer verletzt auf der Straße. Aufgrund seiner vernachlässigten äußeren Erscheinung und ohne Papiere unterwegs, erkannte man den berühmten Sohn der Stadt nicht und lieferte „den Bettler“ in ein Armenhospital ein. Einige Tage später starb der 73-Jährige an seinen Verletzungen. Inzwischen wusste man, um wen es sich bei dem Unfallopfer handelte – und am Ende zog ein großer Trauerzug vom Krankenhaus bis zur Sagrada Familia. Hier wurde Antoni Gaudí in der Krypta beigesetzt, die bis heute der einzige fertiggestellte Raum der Kathedrale ist.
Die Sagrada Familia: Wann wird sie vollendet sein? In 10, 50 oder 100 Jahren? Wird sie es überhaupt jemals sein? Zu hören ist, dass man sie bis zu Gaudís 100stem Todestag fertig gebaut haben will. 2026 also. Dann wäre sie 56 Jahre schneller fertig, als ihr Schöpfer es vorhergesagt hatte.

Bildergalerie

Bildrechte: Dr. Ladendorf PR GmbH