Das unzertrennliche Schweizer Duo

Teil 17 der Plateau RED-Reihe „Inspirierende Persönlichkeiten der Architektur“

Jacques Herzog & Pierre de Meuron
*9. April 1950 und 8. Mai 1950, beide in Basel, Schweiz

Nicht erst bei der Gründung des heute international bekannten Architekturbüros „Herzog & de Meuron“ 1978 haben sie zusammengefunden: Jacques Herzog und Pierre de Meuron kennen sich bereits seit der Primarschule und studierten auch gemeinsam an der ETH Zürich Architektur. Dort lehren sie seit 1999 auch gemeinsam, ebenso wie an der Harvard University. Ihr Architekturbüro hat inzwischen über 400 Mitarbeiter und Niederlassungen in London, Hamburg, Madrid, New York und Hongkong und wurde 2001 mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnet. Von der Jury gelobt wurde der leidenschaftliche Umgang mit unterschiedlichsten Baumaterialien, durch die sie die Architekturkunst vorantreiben.

Kulturelle Leuchtturm-Projekte: Tate Modern London und Elbphilharmonie

Bild: Tate Gallery of Modern Art von Acabashi. Lizenz: CC-BY-SA 4.0

Die Auszeichnung kam kurz nach der Fertigstellung der Tate Gallery of Modern Art in London (2000), für deren Umbau Herzog & de Meuron verantwortlich zeichneten. Die besondere Herausforderung dabei war es gewesen, die Kunstgalerie in das Gebäude der alten Bankside Powerstation, ein ehemaliges Ölkraftwerk, zu integrieren. Die hohen Besucherzahlen einen Anbau erforderlich (2010 – 2016), den ebenfalls Herzog & de Meuron entwarfen. Das Untergeschoss des 60 Meter hohen Anbaus ist ebenfalls noch Teil des ehemaligen Kraftwerks, das die Tate Gallery ausmacht. Nach oben hin gestaltet sich der spektakuläre Neubau als in sich selbst gedrehte Pyramide aus Ziegelstein.

Bild: Hamburger Elbphilharmonie von Burkhard Mücke. Lizenz: CC BY-SA 4.0

Von der besonderen Fähigkeit, faszinierende Einzelobjekte zu schaffen, zeugt auch die Elbphilharmonie in Hamburg, die 2017 nach über zwölf Jahren Bauzeit eröffnet wurde und inzwischen zu einem neuen Wahrzeichen der Stadt avanciert ist. Oberhalb der mehrstöckigen Backsteinfassade des Kaispeicher A in der Elbe ist eine mächtige, 110 Meter hohe Glaswelle entstanden, die unter anderem drei Konzertsäle, ein Tagungszentrum, Wohnungen und ein Hotel beherbergt. Je nach Sicht des Betrachters wird sie mit der Form eines Segels oder eines Quarzkristalls verglichen. Die Fassade aus gebogenen Glaselementen verleiht dem Gebäude eine bewegte Transzendenz und unterstreicht den Ruf von Herzog & de Meuron als „Magier der Materialität“. Sie setzt sich aus insgesamt 2200 einzelnen Glaselementen zusammen, 595 davon sind individuell gekrümmt. Alle Scheiben verfügen über einen eingearbeiteten Licht- und Wärmeschutz durch aufgedruckte gerasterte Folien.

Innovativ und viel kopiert sind auch die Gabionen, mit Steinen gefüllte Drahtkörbe, die als gestalterisches Element die Außenfassaden der

Bild: „München – Allianz-Arena (Luftbild)“ von Maximilian Dörrbecker. Lizenz: CC BY-SA 2.5

Dominus Winery in Napa Valley zieren, die H&DeM 1998 fertigstellten. Je nach Dichte der Füllung lassen die Metallgitter-Strukturen mehr oder weniger Tageslicht in die Innenräume. Nebenbei sorgen sie für eine hervorragende Klimatisierung. Die beiden Architekten meinen dazu: „Die Wirkung ist eher die einer Haut, als die von traditionellem Mauerwerk.“

Basel, Bordeaux, Chelsea, München, Peking – Stadien, die Zeichen setzen

Auch mit ihren Stadion-Bauten wissen Herzog & de Meuron besondere Akzente zu setzen. Mit der Münchner Allianz Arena beispielsweise haben sie ein perfektes Fußballstadion entworfen, das zur Fußball-WM 2006 eingeweiht wurde und durch größtmögliche Nähe aller Sitze zum Spielfeld überzeugt. Beim Architektenwettbewerb konnte sich ihr Entwurf gegen „architektonische Weltstars“ wie Meinrad von Gerkan, Peter Eisenman, Norman Foster oder Helmut Jahn durchsetzen. Rund 2800 rautenförmige, mit Druckluft gefüllte Kissen bilden die äußere Haut der Arena. Der riesenhafte Reifen lässt sich durch innenliegende Leuchtstoffröhren in unterschiedlichen Farben beleuchten, bei Rot spielen die Bayern, bei Blau die Löwen, bei Weiß die Nationalmannschaft.

Weltbekannt ist auch das Nationalstadion Peking, das für die Olympischen Sommerspiele 2008 von Herzog & de Meuron geplant wurde. Inspiriert durch den chinesischen Künstler Ai Weiwei  entstand die Idee, ein Stadion nach dem Vorbild eines Vogelnestes zu bauen. Die äußere Hülle des Stadions bildet ein 42.000 Tonnen schweres verschlungenes Stahlgerüst, das aus Tausenden vorgefertigter Einzelteile – jeweils bis zu 350 Tonnen schwer – besteht. Sein Erscheinungsbild sei pure Struktur, erläutern die Architekten auf ihrer Website. Der Raum, der das Stadion umgibt, sei Fassade, Struktur, Dekoration und öffentlicher Raum in einem. Er sei die Verbindung zwischen der Stadt draußen und dem Stadion im Inneren. Ferner sei es gleichzeitig ein autonomer öffentlicher Platz. Jacques Herzog hofft, dass „dieses Bauwerk für Peking das wird, was der Eifelturm für Paris ist“.

Mit inzwischen 70 Jahren sind die beiden Architekten noch lange nicht baumüde. Man darf gespannt sein auf weitere Landmarks von Herzog & de Meuron, zum Beispiel auf das neue Stadion des FC  Chelsea London, das in der Saison 2021/22 eröffnet werden soll.