Meinhard von Gerkan – Bauwerke mit Strahlkraft
Teil 16 der Plateau RED-Reihe „Inspirierende Persönlichkeiten der Architektur“
Meinhard von Gerkan
*3. Januar 1935 in Riga, Lettland
Deutscher Architekt
Vom Flughafen Berlin-Tegel bis zum Flughafen Berlin-Brandenburg (BER), vom neuen Berliner Hauptbahnhof bis zum Bernabéu-Stadion in Madrid oder dem Neubau des Frankfurter Schauspielhauses: Wenn es um öffentliche Landmark-Projekte geht, ist der Namen Meinhard von Gerkan und sein Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner (gmp) mit im Spiel. Zwischen seinem ersten großen Projekt, dem Flughafen Tegel (Bauzeit 1965 bis 1974), das ihn bereits weltweit bekannt machte, und seinem Nachfolger, dem BER, liegen 55 Jahre, in denen der Ausnahmearchitekt zahlreiche Bauwerke mit großer Strahlkraft entworfen hat. Neun seiner Gebäude stehen bereits unter Denkmalschutz.
Fulminanter Start in Tegel
Meinhard von Gerkan stammt aus einer deutsch-baltischen Familie und wuchs als Pflegekind in Hamburg auf. 1964 schloss er sein Architekturstudium an der Technischen Hochschule Braunschweig ab. Im Jahr darauf gründete er zusammen mit Volkwin Marg sein eigenes Büro gmp, welches bis heute seinen Hauptsitz in Hamburg hat. Bereits in den ersten beiden Jahren ihres Bestehens gewannen von Gerkan und Marg acht Architekturwettbewerbe und konnten sich den Auftrag für den Flughafen Berlin-Tegel sichern.
Der zivile Flugverkehr in Tegel hatte bereits 1960 begonnen, aber die Flughafenanlagen Tegel-Süd entstanden erst zwischen 1965 und 1975 nach Plänen des Hamburger Architekturbüros von Gerkan, Marg und Partner (gmp). Der Flughafen ist beispielhaft für die Architektur der 1960er Jahre und das Konzept eines Drive-In-Airports. Der markante sechseckige Flugsteigring ermöglicht den Fluggästen einen möglichst schnellen und kurzen Weg vom Eingang des Flughafens zum Flugzeug. Für eine spätere Erweiterung der Kapazitäten des Flughafens hatte Gerkan ursprünglich ein weiteres Sechseck spiegelverkehrt zum ersten vorgesehen. Heute steht der gesamte Flughafen unter Denkmalschutz, sein ebenfalls von gmp geplanter Nachfolger in den Startlöchern.
Öffentliche Räume, öffentliche Wirkung
Nach der Fertigstellung des Flughafens nahm Meinrad von Gerkan 1974 eine Professur an der TU Braunschweig an, an der er bis 2002 das Institut für Baugestaltung leitete. Später gründete er zusammen mit Marg auch noch die Academy for Architectural Culture, eine international ausgerichtete und gemeinnützige Fortbildungseinrichtung für Architekturstudenten.
Sein Architekturbüro gmp ist auf allen Kontinenten für seine Großprojekte wie Flughäfen, Stadien und Kulturbauten bekannt, aber auch für den sensiblen Umgang mit vorhandener historischer Bausubstanz.
Große Aufmerksamkeit erhielt Gerkan für den Bau des neuen Berliner Hauptbahnhofs, der 2006 – pünktlich zur Fußballweltmeisterschaft in Deutschland – fertiggestellt wurde.
Die Aufgabe war anspruchsvoll: Statt der bis dahin vorherrschenden Kopfbahnhöfe sollte der neue Berliner Hauptbahnhof im so genannten „Pilzkonzept“ gebaut werden. An der Stelle des ehemaligen Lehrter Bahnhofs entstand Europas größter Turmbahnhof. Das markante Gebäude erhielt vor allem für seine Bügelbrücken direkt über den Gleisen viel Aufmerksamkeit. Dafür wurden kurz vor Beendigung der Bauarbeiten 70 Meter hohe Stahltürme um 90 Grad gegeneinander gekippt. Für seine Leistung erhielt er den Renault Traffic Future Award, den einzigen deutschen Architekturpreis für Verkehrsbauwerke.
Der Umbau des Berliner Olympiastadions 2004 brachte von Gerkan großes Lob für den Umgang mit der Historie des Ortes ein und unterstrich seinen weltweiten Ruf als Stadienarchitekt. Zu seinen teils preisgekrönten Stadien gehören unter anderem die Commerzbank-Arena in Frankfurt, das RheinEnergieStadion in Köln und die Arena da Amazônia in Brasilien. Zahlreiche weitere Arenen, Museen, Messebauten, Krankenhäuser und Konzerthallen folgten auf der ganzen Welt folgten. Eine seiner Hauptwirkungsstätten ist auch Hamburg, deren Stadtbild durch viele gmp-Gebäude geprägt ist. In China bildete er die Satellitenstadt Lingang sogar dem Hamburger Zentrum nach, eine künstliche City, die sich in konzentrischen Kreisen um eine künstliche Alster legt.
Als Frankfurter darf man gespannt sein, ob und wie er bei der Neugestaltung des Schauspiels und Opernhauses mitwirken wird.